Das deutsche Presserecht und grundlegende Entscheidungen

Das deutsche Presserecht ist ein Teilgebiet des Medienrechts und regelt die Rechte und Pflichten der Presse in Deutschland. Es ist vor allem in den Landespressegesetzen der einzelnen Bundesländer sowie im Grundgesetz (GG) verankert. Das Presserecht gewährleistet die Pressefreiheit, schützt aber auch die Persönlichkeitsrechte Einzelner und andere Rechtsgüter. Hier sind die wichtigsten Aspekte des deutschen Presserechts mit Beispielen und Urteilen erläutert:


1. Pressefreiheit (Art. 5 GG)

Die Pressefreiheit ist ein Grundrecht, das in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verankert ist. Sie schützt die freie Berichterstattung, die freie Meinungsäußerung und die Informationsbeschaffung durch die Presse.

Beispiel:
Ein Zeitungsartikel, der kritisch über die Politik einer Partei berichtet, fällt unter die Pressefreiheit. Die Presse darf ihre Meinung äußern, solange sie nicht gegen andere Gesetze verstößt.

Urteil:

  • BVerfG, „Spiegel-Urteil“ (1966): Das Bundesverfassungsgericht betonte die Bedeutung der Pressefreiheit für die Demokratie. Der Spiegel hatte über Verteidigungsfragen berichtet, was zu einer Durchsuchung der Redaktion führte. Das Gericht stellte klar, dass die Presse ein „öffentliches Kontrollorgan“ ist und besonders geschützt werden muss.

2. Informationsfreiheit

Die Presse hat das Recht, Informationen von Behörden und öffentlichen Stellen zu erhalten, sofern keine Ausnahmetatbestände vorliegen (z. B. Geheimhaltung aus Sicherheitsgründen).

Beispiel:
Ein Journalist verlangt von einer Stadtverwaltung Einsicht in die Pläne für ein neues Bauprojekt. Die Behörde muss die Informationen herausgeben, es sei denn, es liegen berechtigte Geheimhaltungsgründe vor.

Urteil:

  • BVerwG, „Zeitungsberichterstattung über Umweltdaten“ (2007): Das Gericht bestätigte, dass Umweltinformationen grundsätzlich öffentlich zugänglich sein müssen und die Presse ein Recht auf Zugang zu diesen Daten hat.

3. Persönlichkeitsrecht (Art. 2 GG i.V.m. Art. 1 GG)

Das Persönlichkeitsrecht schützt die Privatsphäre und die Ehre von Personen. Die Presse muss bei ihrer Berichterstattung darauf achten, dass sie nicht unverhältnismäßig in diese Rechte eingreift.

Beispiel:
Ein Prominenter klagt gegen eine Zeitung, die private Fotos ohne seine Zustimmung veröffentlicht hat. Das Gericht muss abwägen, ob das öffentliche Interesse an den Fotos höher ist als das Persönlichkeitsrecht des Prominenten.

Urteil:

  • BGH, „Caroline von Monaco“-Urteile (1990er und 2000er Jahre): In mehreren Entscheidungen stellte der Bundesgerichtshof klar, dass die Presse zwar über Prominente berichten darf, aber deren Privatsphäre respektieren muss. Fotos aus dem Privatleben dürfen nur veröffentlicht werden, wenn ein berechtigtes öffentliches Interesse besteht.

4. Zitierfreiheit

Die Presse darf Zitate aus öffentlichen Reden, Dokumenten oder anderen Medien verwenden, solange diese nicht verfälscht werden und der Kontext gewahrt bleibt.

Beispiel:
Ein Politiker hält eine Rede, und eine Zeitung zitiert daraus. Solange das Zitat korrekt und im richtigen Kontext wiedergegeben wird, ist dies zulässig.

Urteil:

  • BVerfG, „Zitierfreiheit“ (1984): Das Bundesverfassungsgericht betonte, dass die Zitierfreiheit ein wichtiger Bestandteil der Pressefreiheit ist und der öffentlichen Meinungsbildung dient.

5. Sorgfaltspflicht und Recherche

Die Presse ist verpflichtet, sorgfältig zu recherchieren und die Wahrheit zu berichten. Falschmeldungen können zu Schadensersatzansprüchen führen.

Beispiel:
Eine Zeitung behauptet, ein Unternehmer sei in einen Korruptionsskandal verwickelt, ohne dies ausreichend zu belegen. Der Unternehmer kann daraufhin Schadensersatz verlangen.

Urteil:

  • BGH, „Wallraff-Urteil“ (1980): Der Bundesgerichtshof stellte klar, dass Journalisten bei investigativen Recherchen sorgfältig vorgehen müssen und keine unzulässigen Methoden anwenden dürfen.

6. Jugendschutz und strafrechtliche Grenzen

Die Presse muss beim Jugendschutz und bei der Veröffentlichung von strafrechtlich relevanten Inhalten (z. B. Volksverhetzung, Beleidigung) besondere Vorsicht walten lassen.

Beispiel:
Eine Zeitung veröffentlicht einen Artikel, der eine bestimmte ethnische Gruppe diffamiert. Dies kann als Volksverhetzung strafbar sein.

Urteil:

  • BVerfG, „Soldaten sind Mörder“ (1994): Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass pauschale Beleidigungen (hier: „Soldaten sind Mörder“) nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt sind, wenn sie die Ehre Einzelner verletzen.

7. Gegendarstellungsrecht

Personen, über die in der Presse berichtet wurde, haben das Recht, eine Gegendarstellung zu veröffentlichen, wenn sie die Berichterstattung als falsch oder einseitig empfinden.

Beispiel:
Ein Unternehmen wird in einem Artikel beschuldigt, Umweltauflagen nicht einzuhalten. Das Unternehmen kann eine Gegendarstellung verlangen, in der es seine Sicht der Dinge darlegt.

Urteil:

  • BVerfG, „Gegendarstellungsanspruch“ (1982): Das Bundesverfassungsgericht bestätigte, dass das Gegendarstellungsrecht ein wichtiges Instrument ist, um falsche oder einseitige Berichterstattung auszugleichen.